Superfoods Und Bioage Uhren: Wie Man Sie Nutzt Für Gesundes Altern – Und Wie Nicht

Written by Lutz Kraushaar

16.11.2023

older man slow bioage

Inhaltsübersicht


 

In meinem Beitrag von letzter Woche hatte ich erläutert

  • warum das Konzept der Superfoods ein Schmarren ist,
  • warum eine Superkombo von Lebensmitteln eine viel bessere Idee ist,
  • und wie man die Superkombo als tägliche Langlebigkeitsimpfung einsetzt.

 

Was mich an dem Hype um Superfoods amüsiert ist, dass keines von ihnen wirklich „super“ ist. Jedenfalls nicht in Bezug auf das Spektrum der Nährstoffe.

Wirklich super wäre, mehrere Lebensmittel zu kombinieren, die zusammen ein gesamtes Nährstoffspektrum abdecken.

Beispielsweise das Spektrum zur Verlangsamung, des biologischen Alterns.

In einem Mixer wird aus einer solchen Superkombo ein Power-Smoothie, der idealerweise eine tägliche Mahlzeit ersetzen kann, beispielsweise das Frühstück. Darin steckt dann mehr „Anti-Aging“ Potenzial als in jedem Superfood oder Supplement.

Damit stellt sich die Frage: Wie kann man nachweisen, dass eine solche Superkombo einen auch wirklich jünger hält? Denn biologisch jünger bleiben heißt auch länger und krankheitsbefreit leben [1].

 

Superkombo zum jünger bleiben?

 

Forscher des US-Instituts für funktionelle Medizin und der American Nutrition Association wollten diese Frage beantworten.

Dazu rekrutierten sie 40 gesunde Männer im Alter zwischen 50 und 72 Jahren in eine achtwöchige Studie. In ihr stellten 20 Teilnehmer (die Interventionsgruppe) ihre täglichen Mahlzeiten auf die vorgeschriebene Superkombo um (sie wurde nicht als Smoothie geliefert) [2].

Die übrigen 20 dienten als Kontrollgruppe. Das heißt, sie ernährten sich weiter so, wie bisher.

Die Messlatte für den Erfolg war die Veränderung des biologischen Alters der Teilnehmer. Gemessen wurde die mit einer epigenetischen Uhr (gleich mehr dazu).

Und siehe da, verglichen mit den Männern in der Kontrollgruppe, hatte sich die biologische Uhr der Interventionsteilnehmer nach 8 Wochen um 3,2 Jahre zurückgestellt.

So jedenfalls klingt’s, wenn man den deutschen Medien Glauben schenkt (Vita24 und Focus).


BioAge Clocks & Superfoods


Nun weiß ich nicht, wie Sie dazu stehen, aber das Wiederkäuen wissenschaftlicher Studien in unseren Medien halte ich nur dann für sinnvoll, wenn man Ihnen, erstens, die Wahrheit sagt, und Sie diese, zweitens, nutzen können, um die wundersamen Effekte auch an sich selbst zu testen.

Beides wird Ihnen vorenthalten.

 

Wie man den Wirksamkeitsnachweis nicht führt

Die Wahrheit: Von wegen 3,2 Jahre jünger.

Die Interventionsgruppe war nach 8 Wochen im Durchschnitt 1,96 Jahre jünger als zuvor. Die Kontrollgruppe alterte im gleichen Zeitraum um 1,27. Aus der Addition der beiden Werte ergibt sich die Brutto-Differenz von 3,2 Jahren (siehe Grafik unten).

Das ist aber eine Milchmädchenrechnung.

Was uns interessiert ist die Veränderung des biologischen Alters in der Interventionsgruppe.

Comparison of age change

Ref [2]

Deren Verjüngung um 1,96 Jahre war statistisch nicht signifikant (Akademikerdeutsch für „kann Zufall sein“).

Das ist nicht verwunderlich. Denn die Streubreite (Standardabweichung) der Messwerte ist enorm. Die verheimlichen uns die Autoren zwar (was ungewöhnlich ist für eine publizierte Studie), aber mit ein bisschen Statistikkenntnis lässt sich eine Standardabweichung von ±4 Jahren aus den Ergebnissen herleiten.

 

Was bedeutet diese Standardabweichung?

Sie bedeutet, dass in einer Kontrollgruppe von 20 Personen nach 8 Wochen 14 Probanden (68%) irgendwo zwischen 4 Jahre älter und 4 Jahre jünger abschneiden.

Den restlichen sechs Probanden wird die biologische Uhr eine Altersdifferenz von bis zu 7 Jahren bescheinigen. Und das, obwohl sie alle an ihrem Lebensstil nichts geändert haben!

Wenn Sie in der Graphik die Punkte nachzählen, werden Sie sehen, dass das ziemlich genau hinkommt.

Nun stellen Sie sich vor, Sie würden diese BioAge Uhr verwenden für Ihr persönliches Experiment mit einer Super-Kombo, oder irgendeiner anderen Lebensstilintervention.

Wenn Sie laut der Uhr dann 2 Jahre jünger oder älter geworden sind, sagt Ihnen das nichts, denn die 2 Jahre liegen innerhalb der Streubreite.

Womit wir beim zweiten Kritikpunkt angekommen sind:

Die BioAge Uhr nutzt Ihnen nichts für ein Selbstexperiment.

Aus zwei Gründen:

  • Erstens, die Streubreite von ±4 Jahren ist viel zu groß
  • Zweitens, die Uhr ist weder laien- noch alltagstauglich

 

Das Problem mit epigenetischen Uhren

 

Gradmesser oder Ursache?

Epigenetische Uhren messen molekulare Veränderungen am Erbgut. Diese nennt man epigenetisch, weil sie nicht die Gene selbst ändern, sondern deren Aktivität.

Die Muster dieser Veränderungen sind so mit Alterungsprozess und Gesundheitszustand verbandelt, dass man daraus ein biologisches Alter ablesen kann [3].

So ist ein 60-Jähriger mit dem epigenetischen Muster eines kalendarisch 40-Jährigen auch entsprechend gesünder und leistungsfähiger, als ein kalendarisch Gleichaltriger dessen epigenetische Uhr eher der eines durchschnittlichen 70-Jährigen entspricht.

Was wir nicht wissen, ist, ob diese molekularen Veränderungen die Ursache oder lediglich ein Gradmesser der Alterungsprozesse sind.

Das ist so ähnlich wie mit einem Zimmerthermometer. Nur an dessen Nadel zu drehen, macht das Zimmer ja auch nicht wärmer oder kälter.

Jedenfalls zeigt die Forschung, dass Versuche, die epigenetischen Uhren zu verändern, widersprüchliche Ergebnisse [4].

 

Laien- und Alltagsuntauglich

Selbst wenn die Uhren präziser und zuverlässiger wären, würden sie Ihnen nichts nutzen.

Denn Sie müssen eine Speichelprobe nehmen, sie tiefgefrieren, sie an ein qualifiziertes Labor schicken und viel Geld für die Analyse bezahlen.Das gilt für alle BioAge-Uhren. Für einen Selbstversuch also kaum zu gebrauchen.

Und somit stellt sich die Frage,


was nützt die Selbstkasteiung, wenn man nicht überprüfen kann, ob sie das gewünschte Ergebnis bringt?


Die Lösung: Eine praktikable Beweisführung

  1. Mit einer BioAge Uhr, die die Gesundheitserwartung voraussagt
  2. Mit einer Statistik, die die Voraussage zuverlässig macht
  3. Auf einer Plattform, die jedem Laien die Punkte 1 und 2 erschließt

 

BioAge Uhr: Physiologische Funktion schlägt molekulare Veränderung

Altern ist nichts anderes als eine mehr oder weniger kontinuierliche Verschlechterung der physiologischen Funktionen [5]. Fast alle Forscher sind sich über diese Definition einig.

Die eine Funktion, die sich als Schlüssel zur Bestimmung des funktionellen (und damit biologischen) Alters einer Person herauskristallisiert hat, ist die kardiovaskuläre Funktion.

Genauer gesagt, die Funktion des Gefäßsystems (insbesondere der Arterien).

Und so hat sich der Begriff Early Vascular Aging (EVA) etabliert. EVA ist Akademikerwelsch für schneller-altern-als-man-eigentlich-sollte [6].

EVA hat natürlich auch ein Pendant für diejenigen, die langsamer altern als normal: supernormal vascular aging – SUPERNOVA.

Worauf will ich hinaus?

Meine Kollegen und ich haben eine BioAge-Uhr entwickelt, die auf jener Messgröße basiert, die die Gefäßfunktion am besten beschreibt: die Pulswellengeschwindigkeit (PWV).

Die habe ich in einem anderen Blogpost erklärt, deshalb hier nur ganz kurz:

Die PWV ist ein Maß dafür, wie schnell sich die Blutdruckwelle innerhalb des Arterienbaums fortpflanzt

Je steifer die Gefäße, desto höher die PWV, desto “älter” die Person.

Und die PWV lässt sich verändern. Ganz besonders durch Lebensstilmaßnahmen.

Da inzwischen auch Laien die PWV täglich und ohne Aufwand messen können (ich verrate gleich, wie), fehlt für deren Verwendung als Messlatte für die Wirkung von Lebensstilmaßnahmen nur noch…

 

Die zuverlässige Statistik

Das obige Beispiel mit den 40 Probanden ist typisch für die medizinische Forschung. Sie stützt sich auf sogenannte randomisierte klinische Studien (RCTs). In denen werden größere Gruppen von Menschen untersucht, um die Auswirkungen von Interventionen zu ermitteln.

Viele Teilnehmer liefern zwar viele Daten (das ist wichtig für die statistische Signifikanz), aber der Durchschnitt dieser Daten (bspw. die 1,97 Jahre Verjüngung in der Interventionsgruppe), passt auf so gut wie keinen der Teilnehmer.

Den Durchschnittsteilnehmer gibt’s eben nicht.

Genauso wenig wie der Durchschnitt auf die einzelnen Teilnehmer passt, passt er auf Sie.

Was ist nun, wenn Sie nur eine Person für Ihr Experiment haben? Sich selbst?

Auch für diese Fälle gibt es eine Goldstandard-Methode. Sie heißt N-of-1 (“N” steht für die Anzahl der Teilnehmer an einem Experiment oder einer Studie).

Mehr zu N-of-1 erfahren Sie in einem anderen meiner Blogposts.

Meine Kollegen und ich sind heute die ersten, die diese Methode operationalisiert haben. Und zwar speziell für laientaugliche Selbstversuche mit Lebensstilmaßnahmen.

Die untenstehende Grafik veranschaulicht, wie N-of-1 funktioniert (ignorieren Sie einfach die Arztfigur, die Sie in unserem Fall nicht brauchen).

Individualisierte Lebensstilmedizin: laientauglich operationalisierte N-of-1 Methode, self-tracking

N-of-1 Methode

Kurz gesagt, in einem N-of-1-Experiment messen Sie täglich Ihre PWV (oder einen anderen Vitalparameter) über mindestens zwei Zeiträume, in denen Sie abwechselnd eine “Intervention” und “keine Intervention” anwenden.

Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich bei der Intervention um eine Super-Kombo, eine neues Sportprogramm, oder irgendetwas anderes handelt, von dem Sie sich einen Gesundheitsnutzen versprechen.

Was Sie wissen wollen, ist, ob das, was Sie tun, eine Wirkung auf Ihr Gefäßalter hat und wie stark diese Wirkung ist.

 

Die laientaugliche Plattform

PWV-Messung

Die Firma Withings hat eine Körperwaage entwickelt, die beim Wiegen automatisch die PWV misst.

Nicht dass Sie jetzt glauben, ich mache bezahlte Werbung für Withings. Die Withings Waage ist tatsächlich das einzige laientaugliche PWV-Messverfahren auf dem Markt.

Wir verwenden die Waage nicht nur deshalb, sondern auch weil unabhängige Wissenschaftler sie validiert haben [7]. Hier ist ein Affiliate Link zu Amazon. Sollten Sie die Waage über diesen Link kaufen, erhalte ich eine kleine, für Sie kostenlose Provision.

Darüber hinaus ist die Waage WiFi-fähig, was die Datenerfassung und -auswertung für unsere Nutzer erheblich vereinfacht.

Wir haben die N-of-1 basierte Auswertung auf einer Plattform vollautomatisiert. Diese Plattform nennen wir LiLo, eine Abkürzung für Lifestyle Lotse.

Die Waage sendet ihre Messdaten über WiFi an einen zentralen Server.

LiLo holt sie von dort ab, verarbeitet sie mit N-of-1-Statistischen Methoden, und präsentiert Ihnen mit intuitiv verständlichem Feedback, wie Ihre Superkombo (oder jede andere Lebensstilmaßnahme) auf Ihre Gefäßalterungsrate wirkt.

Der Clou

Sie brauchen dazu nicht mehr zu tun, als sich einmal am Tag zu wiegen, und Ihr digitales Profil zu öffnen.

 

Real Life Beispiele 

Unten sehen Sie drei Diagramme, darunter meins und das meiner Frau. Die Diagramme zeigen, wie wir mit unseren Lifestyle-Maßnahmen abschneiden.

Wir altern mit einer Geschwindigkeit von weniger als 1 Jahr pro Jahr. Das heißt, alle 12 Kalendermonate werden wir nur um etwa 10 Monate älter.

Das leppert sich ganz schön zusammen über die Jahre.

Chronologisch sind wir beide Ü60, biologisch knapp 20 Jahre jünger.

Wir haben keine Herz-Kreislauf-Erkrankungen, keinen Krebs und keinen Diabetes. Wir nehmen keine Medikamente und sind fitter als die meisten Menschen, die (kalendarisch) 20 Jahre jünger sind als wir.

Das liegt sicher nicht nur an unserem täglichen Superkombo-Smoothie, aber darum geht es ja auch nicht.


Es geht darum, schon heute zu erkennen, ob die Lebensstilmaßnahmen, die man sich aus den Medienartikeln abguckt, einem auch den Gesundheitsnutzen bescheren, den die Artikel versprechen.


Wie Sie die Lösung für sich selbst nutzen können

Die Withings Waage kostet rund 160 Euro.

Wenn Sie Ihre Waage mit unserer Plattform verbinden möchten, müssen Sie mir schreiben (siehe unten).

Über Umfang und Vergütung des Betreuungsaufwands werden wir uns dann schon einig. Dazu führen wir ein für Sie kostenloses Erstgespräch.

Wir haben LiLo bislang als “all function and no frills” MVP vor allem zu Forschungszwecken genutzt.

Wir entwickeln aber auch maßgeschneiderte Lösungen für den Einsatz in der betrieblichen Gesundheitsförderung. Oder in Sportstudios.

 

PS:

Wir arbeiten bei der Entwicklung eng mit dem Uniklinikum Giessen zusammen.

Und das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat uns mit Födermitteln geholfen.

BMWK

Schreiben Sie mir

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Referenzen

[1]      Lu AT, Quach A, Wilson JG, Reiner AP, Aviv A, Raj K, et al. DNA methylation GrimAge strongly predicts lifespan and healthspan. Aging (Albany NY) 2019;11:303–27. doi:10.18632/aging.101684.

[2]      Fitzgerald KN, Hodges R, Hanes D, Stack E, Cheishvili D, Szyf M, et al. Potential reversal of epigenetic age using a diet and lifestyle intervention: a pilot randomized clinical trial 2021;13:9419–32.

[3]      Bocklandt S, Lin W, Sehl ME, Sánchez FJ, Sinsheimer JS, Horvath S, et al. Epigenetic Predictor of Age. PLoS One 2011;6:e14821.

[4]      Mahmoud AM, Ali MM. Methyl donor micronutrients that modify DNA methylation and cancer outcome. Nutrients 2019;11:1–30. doi:10.3390/nu11030608.

[5]      Flatt T. A new definition of aging? Front Genet 2012;3:148. doi:10.3389/fgene.2012.00148.

[6]      Bruno RM, Nilsson P, Engsrtöm G, Wadström B, Empana J-P, Boutouyrie P, et al. Difference Between Chronological And Vascular Age As A Predictor For Cardiovascular Events – Identification Of Patients With Supernormal Vascular Aging (Supernova). J Hypertens 2021;39.

[7]      Collier SR, McCraw C, Campany M, Lubkeman A, Stclair P, Ji H, et al. Withings body cardio versus gold standards of pulse-wave velocity and body composition. J Pers Med 2020;10. doi:10.3390/jpm10010017.

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