Was ist Neu?
Dass Empfehlungen der Ernährungswissenschaft oft unzuverlässig sind, ist zwar nichts Neues. Ein mathematischer Beweis, warum das so ist, aber schon. Der Name dieses Beweises: Vibration of Effects (VoE)
Warum ist das wichtig?
Weil Millionen von Menschen Ratschläge befolgen, die vielen nicht helfen, einigen schaden und das Misstrauen in die Wissenschaft fördern.
Was ist die Lösung?
Sich selbst zum Forschungsobjekt machen. Die dafür notwendige Technologie existiert bereits.
Die Analogie
Die katholische Kirche institutionalisierte den Glauben, dass die Erde im Mittelpunkt des Universums steht. Als Bruno, Galilei und Kepler diesen Glauben in Frage stellten, setzte die Kirche ihre ketzerischen Schriften auf den Index der verbotenen Bücher. Das heißt, Bücher, die kein Gläubiger lesen durfte.
Wir alle wissen, wie dieser Versuch der Informationsunterdrückung ausging.
Zurück zum Heute. Und zu unserem Thema, der Kontroverse um das rote Fleisch.
Das Mantra
Sie kennen wahrscheinlich das Mantra über rotes Fleisch:
Iss es und du erhöhst dein Risiko für Herzkrankheiten, Krebs und frühen Tod. So jedenfalls steht es weltweit in Ernährungsempfehlungen.
Für dieses Mantra gibt es unwiderlegbare wissenschaftliche Beweise, so zumindest behaupten das seine Missionare. Und allein deshalb ist es Ketzerei, etwas anderes zu behaupten.
Als eine internationale Gruppe angesehener Forscher eine Arbeit veröffentlichte, die empfahl: “Vergesst das Mantra” [1], fiel die Reaktion der Missionare entsprechend heftig aus. Sie forderten die Herausgeber der Fachzeitschrift auf, die Arbeit zurückzuziehen.
Hört sich bekannt an, oder?
Zu diesen Stimmen gehörten die American Heart Association und die American Cancer Society.
Das Physicians Committee for Responsible Medicine (Ärztekomitee für verantwortungsvolle Medizin), eine Gruppe, die für ihre offen bekundete Voreingenommenheit gegenüber Fleisch bekannt ist, reichte sogar eine Petition gegen die widerspenstige Fachzeitschrift bei der Federal Trade Commission ein.
Ganz offensichtlich haben unsere heutigen Rote-Fleisch-Gegner nicht viel aus der Geschichte gelernt.
Die Unterdrückung von Beweisen hat nämlich noch nie jemanden zum Guten oder zum Gewinner gemacht.
Aber um ernst genommen zu werden, sollten sich Ketzer mit herausragender Glaubwürdigkeit und unwiderlegbaren Beweisen wappnen. Genau das haben die Gegner des Rote-Fleisch Mantra beherzigt.
Die Ketzer
Ein 14-köpfiges Gremium herausragender Wissenschaftler aus 7 Ländern. Ihre Plattform war keine geringere als die Annals of Internal Medicine, eine der wichtigsten medizinischen Fachzeitschriften.
Was sie den Missionaren entgegen hielten, war, dass ihre Beweise zu dünn und von so geringer Qualität sind, dass sie wissenschaftlichen Standards nicht Stand halten.
Das war nicht nur so eine Meinung.
In der medizinischen Forschung haben wir das GRADE-System (Grading of Recommendations, Assessment, Development and Evaluation), um Studien zu bewerten. Es gibt 4 Stufen für die Evidenz: sehr gering, gering, mäßig und hoch.
Die Rote-Fleisch-Missionare scheiterten mit ihren Argumenten in der GRADE Prüfung kläglich. Die meisten ihrer Argumente erhielten die Note “sehr gering”.
Der Rest wurde mit “gering” bewertet. In der Semantik deutscher Schulnoten wäre das „ungenüg end“ bis „mangelhaft.
Diese “Beweise” hätten also nie in Leitlinien aufgenommen werden sollen. Vor allem deshalb nicht, weil diese Leitlinien vielen Millionen Menschen wie das Evangelium gepredigt werden.
Das war im Jahr 2019.
Seitdem ist der Chor der Ketzer größer und lauter geworden. Im Oktober 2022 veröffentlichte ein anderes Team von 18 Forschern seine “Beweislast”-Studie zum selben Thema: Gesundheitliche Auswirkungen im Zusammenhang mit dem Verzehr von unverarbeitetem rotem Fleisch [2].
Bei einer Beweislaststudie wird versucht, die Frage methodisch zu beantworten: “Welche Beweise sind erforderlich, um diese Behauptung zu stützen, und können wir diese Beweise durch eine strenge wissenschaftliche Untersuchung erbringen?”
Hier ihre Schlussfolgerung:
“Es gibt zwar einige Belege dafür, dass der Verzehr von unverarbeitetem rotem Fleisch mit einem erhöhten Krankheits- und Sterblichkeitsrisiko verbunden ist, aber diese Belege sind schwach und unzureichend…” [2].
Also nochmal Note 5-6.
Diese ketzerische Studie wurde in Nature Medicine veröffentlicht.
Als Teil der “Nature”-Familie und mit einem Impact Faktor von über 80 ist diese Zeitschrift eine der ersten Adressen für die Veröffentlichung wissenschaftlicher Arbeiten.
Um dort veröffentlicht zu werden, muss eine Arbeit nicht nur die Prüfung des Chefredakteurs überleben, sondern auch ein strenges Peer-Review-Verfahren, bei dem 2 von 3 eingereichten Arbeiten aussortiert werden.
Hätte es also Fehler in den Methoden gegeben, die die Autoren zu ihrer Schlussfolgerung geführt hatten, wäre ihre Arbeit nie veröffentlicht worden.
Die Verzweiflung der Rote-Fleisch Gegner über ihre schwindende Glaubwürdigkeit spiegelt sich in der Bemerkung eines von ihnen wider:
“Es ist nicht nur die Ernährungswissenschaft, die die Leute in die Waagschale werfen wollen – es gibt auch Dinge wie den Klimawandel, es gibt Dinge wie die Umweltzerstörung, es gibt Dinge wie die grundsätzlich humane Behandlung von Tieren” [3].
Die moralische Frage
Aaah, darum geht es also: um eine moralische Frage.
Warum sollten wir, die Leute, uns von irgendjemandem – egal wie akademisch berufen er oder sie sich fühlt – sagen lassen, was wir “in die Waagschale werfen wollen”.
Das können wir ganz gut selbst entscheiden.
Außerdem sind Fragen des Klimawandels, der Umweltbelastung und der Moral der Tierhaltung für die Untersuchung der gesundheitlichen Auswirkungen des Verzehrs von rotem Fleisch nicht von Belang.
Ich akzeptiere zwar die Entscheidung eines jeden, nichts zu essen, was die Aufzucht Methan furzender Kühe erfordert, aber ich verabscheue die Vorstellung, dass ein Wissenschaftler seinen moralischen Kompass in die Antwort auf eine einfache wissenschaftliche Frage einbringt: Macht mich der Verzehr von rotem Fleisch krank oder früher tot?
Nun fragen Sie sich vielleicht, wann Sie die richtige Antwort auf Ihre Frage bekommen, ob Sie rotes Fleisch essen sollten oder nicht.
Schließlich handelt es sich hier um Wissenschaft, und die Wissenschaft kann solche Dinge klären. Richtig?
Falsch!
Die Wissenschaft hat herausgefunden, dass eine allgemein gültige Antwort – eine, die für Sie und mich und alle anderen gilt – wahrscheinlich nie gefunden werden kann. Zumindest nicht in absehbarer Zeit
Und vor allem nicht, wenn wir die Ernährungsforschung weiterhin so betreiben, wie wir es bisher tun.
Der Grund dafür ist ein Phänomen:
Vibration of Effects (VoE)
Wenn Ihnen das nichts sagt, befinden Sie sich in sehr guter Gesellschaft. Viele, wenn nicht sogar die meisten, meiner Kollegen haben von diesem Effekt auch noch nie gehört.
Müsste ich ihn in einem Satz beschreiben, wäre es dieser:
Wenn die Verwendung verschiedener statistischer Modelle zur Analyse der Beziehungen zwischen einer Variablen (z. B. dem Verzehr von rotem Fleisch) und einer anderen Variablen (Überleben) zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen führt, dann spricht man von Vibration of Effects.
VoE ist eine akademisch schmackhaftere Definition für: Was-Wir-In-Unseren-Daten-Finden-Wollen-Finden-Wir-Auch.
John Ioannidis hat den Begriff VoE geprägt [4].
Er ist Professor für Medizin, Gesundheitsforschung und -politik sowie für Statistik an der Stanford University. Und er ist Direktor des Stanford Meta-Research Innovation Center, dessen Ziel es ist, die Qualität der wissenschaftlichen Forschung zu verbessern.
Ioannidis hat es sich zur Aufgabe gemacht, zu untersuchen, wie zuverlässig veröffentlichte Forschungsergebnisse wirklich sind. Seine eher ernüchternde Schlussfolgerung die auf Mathematik und Statistik beruht:
„die meisten veröffentlichten Forschungsergebnisse sind entweder falsch oder nutzlos“ [5].
Zurück zu seinem VoE.
Die Ernährungsforschung ist für dieses Phänomen besonders anfällig. Aus folgendem Grund:
Generell gibt es 2 Arten von Studien: Interventions- und Beobachtungsstudien.
Wie der Name sagt, geht es in letzteren um die Beobachtung und Analyse von Menschen in ihrer natürlichen Umgebung, ohne Eingriffe oder Beeinflussung irgendwelcher Variablen.
Die Beobachtungsforschung zielt darauf ab, Zusammenhänge zwischen Variablen zu verstehen, wie z. B. den zwischen dem Verzehr von rotem Fleisch (die Vorhersagevariable) und der Entwicklung von Krebs oder Herzkrankheiten oder einem frühen Tod (die Ergebnisvariable).
Das Schlüsselwort ist hier “Zusammenhang”, nicht „Ursache”. Denn keine Beobachtungsstudie kann ein Ursache-Wirkungsprinzip, feststellen.
Das ist die Domäne der interventionellen – oder experimentellen – Forschung. Diese hat ihre eigenen Glaubwürdigkeitsprobleme, die ich in einem anderen Beitrag erörtern werde.
Zurück zu den Beobachtungsstudien: Die Ernährungsforschung stützt sich fast ausschließlich auf sie, um Fragen wie die nach dem Zusammenhang zwischen rotem Fleisch und beispielsweise dem Überleben zu beantworten.
Und da nützt es nichts diese Studien einfach größer zu machen. Auch aus der größten Beobachtungsstudie lassen sich keine Ursache-Wirkungsprinzipien herleiten.
Das ist ungefähr so, als würde man die Lautstärke eines Radios aufdrehen, das nur Rauschen abspielt. Musik kommt jedenfalls keine raus.
Aber genau das ist es, was Ernährungsforscher tun. Sie schaffen sehr große Beobachtungsstudien.
Eine davon ist NHANES – die National Health and Nutrition Examination Survey. Dieses Programm wird vom National Center for Health Statistics (NCHS) durchgeführt, das zu den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) in den Vereinigten Staaten gehört.
Das NHANES-Programm begann in den frühen 1960er Jahren als eine Reihe von Erhebungen zur Bewertung des Gesundheits- und Ernährungszustands der US-Bevölkerung.
Sein Hauptziel ist es, landesweit repräsentative Daten zu verschiedenen gesundheitsbezogenen Themen wie chronische Krankheiten, Infektionskrankheiten, Umwelteinflüsse, Ernährungsgewohnheiten und Gesundheitsverhalten zu erheben.
Für Ioannidis wurde NHANES zum Instrument, mit dem er seine „Vibration of Effects“ These testen konnte. Dafür bietet NHANES jedenfalls eine Fundgrube an Daten für insgesamt 417 verschiedene Variablen und deren Zusammenhang mit dem Überleben.
Ioannidis’ Analyse
Bei der Analyse des Zusammenhangs zwischen einer Variablen und dem Überleben darf man andere Variablen, die sich ebenfalls auf das Überleben auswirken, nicht außer Acht lassen. So verkürzen beispielsweise höheres Alter und männliches Geschlecht die Lebenserwartung. Diese unberücksichtigt zu lassen in einem statistischen Modell, das die Korrelation zwischen irgendeiner Variablen und dem Überleben untersucht, würde zu verzerrten Einschätzung der Korrelation führen. Neben Alter und Geschlecht gibt es noch viele andere Variablen.
Je mehr Variablen man berücksichtigt, desto mehr verschiedene statistische Modelle kann man bauen. Ioannidis beschränkte seinen Modellbau auf 13 bekannte Variablen.
13 Variablen kann man auf 8.192 verschiedene Arten kombinieren. Diese verschiedenen Kombinationen stellen die verschiedenen statistischen Modelle dar, mit denen Ioannidis jede einzelne der 417 Variablen des NHANES-Datenpools untersuchte.
Das verblüffende Ergebnis:
Für die meisten der 417 Variablen zeigten die verschiedenen Modelle unterschiedliche Ergebnisse. Bei einem Drittel der Variablen (Vitamin E ist eine davon) reichte die Bandbreite der Ergebnisse von einer Verlängerung bis zu einer Verkürzung der Lebensspanne. Beim Rest zeigte die Korrelation zwar immer in die gleiche Richtung (entweder Verkürzung oder Verlängerung der Lebensspanne) aber die Bandbreite der Ergebnisse reichte von signifikant zu nicht signifikant.
Das bedeutet: Für die meisten Variablen hängt die Schlussfolgerung über deren Einfluss auf die Lebens- und Gesundheitsspanne davon ab, was die Forscher in die Daten hineinlesen wollen. Denn sie müssen ja nur das geeignete Modell wählen.
Es gab aber auch Variablen, bei denen alle Modelle zu demselben Ergebnis kamen.
Vitamin D war eine davon. Ganz gleich, welches Modell Ioannidis anwandte, Vitamin D korrelierte immer mit einer Verlängerung der Lebensspanne.
Doch bevor Sie sich jetzt mit Vitamin-D-Präparaten eindecken, möchte ich Sie warnen: Vitamin D wurde als der Charlie Brown der Nahrungsergänzungsmittel bezeichnet. Immer wenn Charlie Brown den Ball für den Schuss des Jahrhunderts auflegt, geht immer irgendwas schief.
So ist es auch mit Vitamin D. In Beobachtungsstudien erscheint es oft als Retter, für alles von Herzkrankheiten bis zu COVID. Aber in randomisierten, kontrollierten Interventionsstudien versagt es dann genauso oft.
Auf den Punkt gebracht
Ioannidis’ Arbeit war ein ausgefeilter statistischer Beweis dafür, dass unsere großen Beobachtungsstudien über Ernährung und Überleben die widersprüchlichsten Behauptungen stützen können. Leider sind Beobachtungsstudien die einzigen, die wir haben.
Zurück zur Frage des roten Fleisches
Obwohl der Verzehr von rotem Fleisch nicht Teil des NHANES-Datensatzes von Ioannidis war, gilt seine Entdeckung der VoE auch hier.
Denn bei praktisch jedem Nährstoff korreliert die Aufnahmemenge (positiv oder negativ) mit der Aufnahme mehrerer anderer Nährstoffe sowie mit Umweltbelastungen und Lebensgewohnheiten [6].
Die Komplexität solcher Wechselwirkungen ist in nachfolgender Abbildung dargestellt.
Die Linien zeigen nachgewiesene Wechselwirkungen an. Die Stärke der Linien signalisiert die Stärke der Wechselwirkungen.
Wenn eine oder mehrere der Variablen, die mit dem Verzehr von rotem Fleisch korrelieren, auch mit dem Risiko von Tod, Krebs oder Herzkrankheiten korrelieren, dann zeigt sich diese Korrelation auch in rotem Fleisch, egal ob sie real ist oder nicht.
Was bedeutet das alles für Sie?
Sie werden (wahrscheinlich) nie eine verlässliche Antwort auf die Frage bekommen, wie sich der Verzehr oder Verzicht auf rotes Fleisch bei Ihnen auswirken wird.
Warum?
Weil die Komplexität der Wechselwirkungen zwischen den Variablen, die wir in bevölkerungsbasierten Studien sehen, nicht einmal annähernd der Komplexität Ihres Organismus entspricht. Denn dort kommen Interaktionen mit Ihrem Genom, Mikrobiom, Stoffwechsel, Verhalten und Ihrer Umwelt hinzu.
Außerdem ist keine dieser Variablen Zeit-stabil. Sie ändern Ihre Ernährung, Ihr Aktivitätsniveau, Ihre Umgebung, was auch immer.
Was empfiehlt Ioannidis?
Er hat zwei Empfehlungen (neben anderen, aber die sind hier nicht relevant):
Erstens schlägt er vor, dass Wissenschaftler bei der Veröffentlichung von Ergebnissen der Ernährungsforschung VoE-Checks vorlegen.
Vor dem Hintergrund eines VoE-Checks kann man besser einschätzen, wie zuverlässig die Behauptungen oder Schlussfolgerungen der Forscher sind.
Um dies zu erleichtern, haben er und sein Team ein entsprechendes statistisches Instrument entwickelt, das sie jedem Forscher kostenlos zur Verfügung stellen.
Zweitens schlägt er vor, von Beobachtungsstudien zu großen Interventionsstudien überzugehen.
Er ist sich der logistischen Herausforderungen und der hohen Kosten bewusst. Aber er sieht auch kompensatorische Einsparungen durch den Verzicht auf Beobachtungsstudien und die Zusammenlegung kleinerer interventioneller Studien zu größeren Studien.
Hat sich bislang etwas geändert?
Nicht wirklich.
Ioannidis publizierte seine Entdeckung der VoE 2015. Die Wissenschaftler aber streiten sich immer noch über Ernährungsempfehlungen, wie die jüngsten Auseinandersetzungen über den Verzehr von rotem Fleisch zeigen.
Als die jüngste Global Burden of Disease-Studie das Risiko durch den Verzehr von rotem Fleisch um den Faktor 36 erhöhte (im Vergleich zur vorherigen GBD-Studie von vor zwei Jahren) [7], kam das Gegenargument prompt. Von einem internationalen Team, das wieder einmal auf methodische Schwächen hinwies und erklärte, dass
“… es höchst unangemessen und unklug wäre, die GBD 2019-Schätzungen des Ernährungsrisikos in nationalen oder internationalen politischen Dokumenten oder bei regulatorischen oder legislativen Entscheidungen zu verwenden.” [8].
Die Rote-Fleisch Gegner waren sich durchaus bewusst, dass die Beweise für die Korrelation von rotem Fleisch mit Überleben, Krebs und Herzkrankheiten schwach und von geringer oder sehr geringer Sicherheit sind [9] [10] [11].
Was sollte man also jetzt tun?
Blindlings irgendwelchen glaubensgefärbten Ernährungsratschlägen zu folgen, ist meines Erachtens keine Option.
Schließlich sind die Ernährungsrichtlinien dazu da, lebenslange Gesundheit und Funktion zu gewährleisten.
Sollte sich ein Fan von rotem Fleisch diesen Genuss verwehren, wenn das am Ende vielleicht gar keinen Nutzen bringt?
Die Lösung, die ich empfehle und praktiziere, besteht darin, sich selbst zum klinischen Experiment der Lebensstilmedizin zu machen.
Man testet, wie sich ein beliebiges Ernährungs- oder anderes Gesundheitsverhalten auf einen oder mehrere jener Vitalparameter auswirkt, die einem schon heute sagen, wie es um die zukünftige Gesundheit bestellt sein wird.
Diese Vitalparameter gibt es. Und auch laientaugliche mobile Health Technologien, um sie zu erfassen.
Das Instrument für die Auswertung der Eigenexperimente ist die N-of-1-Methode. Sie gilt als Goldstandard für medizinische Einzelfalluntersuchungen.
Dieses kurze Video erklärt, wie sie funktioniert, und hier (www.adiphea.com) finden Sie, wie mein Team und ich diese Methode erstmalig operationalisiert haben.
So erspart man sich den Blindflug durch die Ernährungsempfehlungen.
Das Ziel ist es, Sie zu einem Profi für Ihren eigenen Körper und Ihre Gesundheit zu machen. Unabhängig von all den Missionaren, selbsternannten Gurus und Experten, die Ihnen sagen wollen, wie Sie leben sollen.
Oder wollen Sie lieber warten, bis die Ernährungswissenschaft mit Ioannidis’ Empfehlungen durchdrungen ist? Und die Versuche, Ihnen moralisch gefärbte Überzeugungen aufzuzwingen, der Vergangenheit angehören?
Wenn die Geschichte ein Lehrmeister ist, würde ich mich nicht darauf verlassen. Die katholische Kirche hat bis 1966 gebraucht, um ihren Index der verbotenen Bücher aufzugeben.
PS
Wenn Sie unser “Lifestyle Navi” ausprobieren wollen, lassen Sie es mich wissen. Wenn Sie ein echtes gesundheitliches Problem haben, das zu dem passt, was wir bei adiphea tun, und wenn Sie das Zeug dazu haben, dieses Problem durch Ihren Lebensstil anzugehen, dann können wir uns gerne unterhalten
PPS
Aber was auch immer Sie tun, bleiben Sie skeptisch, wenn jemand wieder mal übers Essen missioniert.
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Referenzen
[1] Johnston BC, Zeraatkar D, Han MA, Vernooij RWM, Valli C, El Dib R, et al. Unprocessed Red Meat and Processed Meat Consumption: Dietary Guideline Recommendations From the Nutritional Recommendations (NutriRECS) Consortium. Ann Intern Med 2019. doi:10.7326/M19-1621.
[2] Lescinsky H, Afshin A, Ashbaugh C, Bisignano C, Brauer M, Ferrara G, et al. Health effects associated with consumption of unprocessed red meat: a Burden of Proof study. Nat Med 2022;28:2075–82. doi:10.1038/s41591-022-01968-z.
[3] Hamilton professor calls criticism of his red meat study “hysterical” and “extreme.” CBC 2019. https://www.cbc.ca/news/canada/hamilton/hamilton-professor-calls-criticism-of-his-red-meat-study-hysterical-and-extreme-1.5307128.
[4] Patel CJ, Burford B, Ioannidis JPA. Assessment of vibration of effects due to model specification can demonstrate the instability of observational associations. J Clin Epidemiol 2015;68:1046–58. doi:10.1016/j.jclinepi.2015.05.029.
[5] Ioannidis JPA. Why most published research findings are false. PLoS Med 2005;2:0696–701.
[6] Trepanowski JF, Ioannidis JPA. Perspective: Limiting Dependence on Nonrandomized Studies and Improving Randomized Trials in Human Nutrition Research: Why and How. Adv Nutr 2018;9:367–77. doi:10.1093/advances/nmy014.
[7] Murray CJL, Aravkin AY, Zheng P, Abbafati C, Abbas KM, Abbasi-Kangevari M, et al. Global burden of 87 risk factors in 204 countries and territories, 1990–2019: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2019. Lancet 2020;396:1223–49. doi:10.1016/S0140-6736(20)30752-2.
[8] Stanton A V., Leroy F, Elliott C, Mann N, Wall P, De Smet S. 36-fold higher estimate of deaths attributable to red meat intake in GBD 2019: is this reliable? Lancet 2022;399:e23–6. doi:10.1016/S0140-6736(22)00311-7.
[9] Zeraatkar D, Han MA, Guyatt GH, Vernooij RWM, El Dib R, Cheung K, et al. Red and Processed Meat Consumption and Risk for All-Cause Mortality and Cardiometabolic Outcomes. Ann Intern Med 2019. doi:10.7326/m19-0655.
[10] Vernooij RWM, Zeraatkar D, Han MA, El Dib R, Zworth M, Milio K, et al. Patterns of Red and Processed Meat Consumption and Risk for Cardiometabolic and Cancer Outcomes. Ann Intern Med 2019. doi:10.7326/m19-1583.
[11] Han MA, Zeraatkar D, Guyatt GH, Vernooij RWM, El Dib R, Zhang Y, et al. Reduction of Red and Processed Meat Intake and Cancer Mortality and Incidence: A Systematic Review and Meta-analysis of Cohort Studies. Ann Intern Med 2019. doi:10.7326/M19-0699.